Weiße Geister – Der Kolonialkrieg gegen die Herero

Martin Baers Doku „Weiße Geister“ aus dem Jahr 2004 ist (erschreckenderweise) nach wie vor aktuell, fasst die deutschen Kolonialverbrechen im einstigen Südwestafrika gut zusammen und bietet eine ausgezeichnete Grundlage für politische Diskussionen.

Deutschland 2004; Regie: Martin Baer; 72 min; DVCPro50 16:9

100 Jahre nach dem Kolonialkrieg gegen die Herero in der deutschen Kolonie Südwestafrika (heute Namibien) beleuchtet der Film ein dunkles Kapitel deutscher Kolonialgeschichte in Afrika. Regisseur Martin Baer und sein Protagonist Israel Kaunatjike reisen gemeinsam nach Namibia. Israel, ein Herero, wurde in Okahandja, dem Hauptort der Herero geboren. Er lebt in Berlin und hatte im Rahmen der Recherchen zu diesem Film ein gutbehütetes Familiengeheimnis herausgefunden: Er hat zwei deutsche Großväter. Beide Großmütter bekamen Kinder Soldaten der „Schutztruppen“. Ob diese Schwangerschaften aufgrund von Vergewaltigungen zustande gekommen sind wird für immer unklar bleiben. Nach der Logik deutschen Staatsangehörigkeitsrechts ist Israel Deutscher. Für ihn ist die Geschichte des Kolonialismus nicht vorbei. Seine helle Haut erinnert ihn ständig daran, dass er nicht einfach nur Afrikaner ist. Die Kolonialzeit ist Teil seiner persönlichen Geschichte. Auch der Regisseur kam im Rahmen der Recherchen völlig unerwartet mit der eigenen, familiären Vergangenheit in Berührung: Väterliche Vorfahren, die einst als Siedler nach Deutsch-Südwest gekommen waren, leben bis heute in Namibia und Südafrika.

„Das nur 30 Jahre währende deutsche Kolonial-Abenteuer in Südwestafrika gipfelte 1904 bei der Schlacht am Waterberg im Völkermord an den Herero, die als blutigste Auseinandersetzung in die Geschichte der Kolonialisierung einging. Nachdem 2001 von den Herero Reparationsforderungen eingeklagt wurden, hinterfragt der Film das Verhältnis zwischen Afrikanern und Deutschen, die heute noch 1,2 Prozent der Bevölkerung des jetzigen Namibia ausmachen und Einfluss auf die Politik des Landes ausüben. Im Laufe der Recherchen entdecken die Filmemacher, das ihre eigenen Familiengeschichten von dem unrühmlichen Kapitel deutscher Vergangenheit mehr beeinflusst wurden, als sie bisher annahmen.“

Filmdienst
Regie: Martin Baer
Mit: Israel Kaunatjike
Buch: Martin Baer
Kamera: Martin Baer
Schnitt: Minze Tummescheid
Ton: Pierre Gaulke
Redaktion: Kathrin Brinkmann
Assistenz: Uta von Debschitz
Produktionsleitung: Andrea Ufer
Produktion: Gunter Hanfgarn
Sender: ZDF/arte
Förderer: Goethe-Institut, Nordmedia